von Ludwig Wenisch (10L)
Seit März vergangenen Jahres hat die Pandemie das Alltagsleben der Menschen überall auf der ganzen Welt fest im Griff, insbesondere das von uns Schülern, die wir uns nun im Homeschooling zurechtfinden müssen.
Damit sind wir hierzulande nicht allein:
Um entsprechende eigene Erfahrungen besser vergleichen und einordnen zu können, lohnt es sich deshalb, den Schülerinnen und Schülern, die den Beginn der Pandemie in anderen Ländern erlebt haben, zuzuhören.
Mein Klassenkamerad Florian verbrachte einen großen Teil des ersten Lockdowns in Kanada und berichtet im Interview darüber, während meine griechische Austauschschülerin Joanna, die sich im Homeschooling auf ihre Abschlussprüfungen vorbereitete und ihr Studium antrat, einen Gastbeitrag beisteuert.
Auslandsaufenthalt im Lockdown: Corona in Kanada
Ein Interview mit Florian Weber, geführt von Ludwig Wenisch
Florian machte sich letztes Jahr für ein halbes Jahr auf nach Südwestkanada, wo er in einem kleinen Dorf in der Nähe von Vancouver bei einer Gastfamilie wohnte (siehe Bild unten). Besonders gefiel ihm dort das Skifahren in den naheliegenden Bergen sowie das Mountainbiken, doch dann kam Corona. Im Interview spricht er über seinen Auslandsaufenthalt unter besonderen Umständen.
Wie stark haben die Pandemie und der Lockdown deine Planungen beeinflusst?
Trotz der Beschränkungen konnte ich die ganze geplante Zeit über dort bleiben. Aber ab März gab es nicht nur Distanzunterricht, auch privat gab es massive Einschränkungen: Die Skilifte mussten schließen und man durfte fast niemanden mehr treffen, obwohl die Wintersportmöglichkeiten bei der Wahl meines Aufenthaltsortes eine entscheidende Rolle gespielt haben und das Knüpfen neuer Kontakte sowie das Einüben der Sprache ja der eigentliche Zweck meines Auslandsaufenthalts waren.
Geplant war auch, dass ich dort eine Ausbildung zum Ski- und Mountainbike-Lehrer mache, was natürlich auch nicht stattfinden konnte. Den Präsenzunterricht an einer fremdsprachigen Schule konnte ich leider nur für die ersten ein bis zwei Monate erleben. Ausflüge, wie beispielsweise zu den Sehenswürdigkeiten in Vancouver, waren dann leider auch nicht mehr möglich.
Trotz der Pandemie und der Rückholaktion des Außenministeriums hast du dich dazu entschlossen, in Pemberton zu bleiben. Was hat dich dazu bewegt?
Einerseits hätten wir bei einem Abbruch des Aufenthalts nur einen Bruchteil der Gesamtkosten zurückerstattet bekommen, andererseits wäre ich daheim ja auch nur zuhause herumgesessen, weshalb ich die Möglichkeit gerne genutzt habe, trotz allem Zeit mit meiner netten Gastfamilie zu verbringen und ein wenig Englisch zu reden.
Welche Maßnahmen gab es dort zur Pandemiebekämpfung?
Alles in allem lassen sich die Maßnahmen gut mit denen in Deutschland vergleichen: Bereits während der örtlichen Frühlingsferien (15.03. – 26.03.) haben die Skilifte dichtgemacht, nach den Ferien haben die Schulen gar nicht erst geöffnet und uns in den Distanzunterricht geschickt. Ebenfalls gab es private Kontaktbeschränkungen, das Vereinsleben wurde stillgelegt und beim Einkaufen musste man neben dem Tragen der Maske Karten ziehen, da die Anzahl der Personen, die sich in einem Laden aufhalten durften, begrenzt war. Das führte wie hierzulande auch zu Schlangen vor den Geschäften.
Wie lief das Homeschooling in Kanada ab?
Schon vor dem Lockdown wurde an meiner Gastschule häufig Google Classrooms genutzt, weshalb Schüler und Lehrer ab Beginn des Homeschoolings gut mit dem Programm und seinen Möglichkeiten zurechtkamen. Deshalb fand ich auch das Homeschooling insgesamt sehr übersichtlich, da die ganze Schule nur ein Portal verwendet hat. Davon könnte man sich hierzulande durchaus eine Scheibe abschneiden… (lacht)
Unsere Videokonferenzen fanden über Google Meet statt, das läuft über denselben Account und hat fast immer gut funktioniert. Da wir im dortigen Schulsystem in fast allen Fächern vom selben Lehrer unterrichtet wurden, konnten die Arbeitsaufträge im Gesamten gut organisiert werden. Meist haben wir nur einmal die Woche eine Videokonferenz gemacht, um die Aufträge zu besprechen, Fragen zu klären, über die schwierige Situation zu sprechen und die Klassengemeinschaft zu pflegen. Das Erledigen der Aufträge wurde streng kontrolliert, wenn man einmal etwas nicht abgeschickt hat, wurde man sogar angerufen.
Wie gingen die Kanadier mit der neuen Situation um? Wurden die Maßnahmen allgemein akzeptiert?
Bei uns im Dorf hat man sich zwar über die Situation geärgert, da sehr viele Menschen dort in Berufen tätig sind, in denen der direkte Kontakt zu den Menschen eigentlich die Quintessenz darstellt. Mein Gastvater beispielsweise war enttäuscht, dass seine berufliche Auslandsreise abgesagt werden musste. Von Großdemonstrationen im Stile der Querdenker-Bewegung, habe ich Gott sei Dank nichts mitbekommen, auch wenn es solche Menschen wie überall auf der Welt bestimmt auch in Kanada gibt. Da man wusste, dass so gut wie niemand aus unserem kleinen Dorf hinein- oder hinauskommt, wurde von manchen beim Maskentragen und Abstandeinhalten im Privaten guten Gewissens mal ein Auge zugedrückt, aber Zusammenkünfte wurden auch im Privaten von niemandem mehr veranstaltet und man hielt sich an die geltenden Vorschriften. Trotz der Verärgerung über die Situation wurden diese immer angenommen und die Leute machten insgesamt keinen besonders gestressten Eindruck.
Wie ist es dir persönlich ergangen?
Für mich war der Lockdown so weit weg von Zuhause kein besonderes Problem, da es ja genug Möglichkeiten gab, mit Familie und Freunden engen Kontakt zu halten. Wenn ich daheim gewesen wäre, hätte ich zwar meinen PC gehabt, aber dort hatte ich ein super Fahrrad und wunderschöne Berge in der Nähe, weshalb ich wenigstens alleine meine Touren unternehmen konnte.
Jetzt, da du auf deinen Kanada-Aufenthalt mit einigen Monaten zeitlichem Abstand zurückblickst: Würdest du mit der jetzigen Situation noch einmal hinfahren, wenn du könntest?
Auf keinen Fall, da das soziale und kulturelle Erlebnis leider beinahe völlig ausgeblieben ist.
Aber war es trotzdem die richtige Entscheidung, dort zu bleiben, oder hättest du dich rückblickend betrachtet besser anders entschieden?
Es war auf jeden Fall trotzdem die richtige Entscheidung, dort zu bleiben, da ich so wenigstens mein Englisch verbessern und viel Zeit mit meiner Gastfamilie verbringen konnte. Das einzige, das ich aus heutiger Sicht anders machen würde, wäre vielleicht, 2019 zu fahren …
Trotzdem war meine Zeit in Pemberton eine unglaubliche Bereicherung, an die ich gerne zurückdenke und die ich auf keinen Fall missen möchte!
Ioanna Tsantiridou: Persönliche Quarantäneerfahrung in Griechenland
Die Pandemie traf jedes Land auf dem Planeten und hinterließ eine große Wunde. Als Lösung zur Minimierung der Zahl erkrankter Menschen und zur Verhinderung weiterer Todesfälle haben viele Staaten einen beispiellosen Plan umgesetzt: die Quarantäne. Die Bedingungen dieser Situation waren für alle unterschiedlich und ein Schlüsselfaktor waren die von jedem Land ergriffenen Maßnahmen. Das Leben war nicht wie vorher. Viele Treffen wurden unterbrochen. Ältere Menschen und Menschen mit gesundheitlichen Problemen wurden isoliert und in ihren Häusern eingesperrt, um eine Exposition gegenüber dem Virus zu vermeiden. Die Regierungen befanden sich in einer schwierigen Lage und jeder Staat ergriff alle Maßnahmen, die er angesichts der Entwicklung der Pandemie und der Anzahl der Fälle für notwendig hielt.
Es gab viele Länder, die wegen des Virus Geschäfte und Unterhaltungszentren geschlossen hatten. Griechenland war eines dieser Länder. In Griechenland waren die Maßnahmen des Staates selbst für die Griechen beispiellos. Sie konnten jedoch aus einer Reihe von Gründen das Haus verlassen: Lebensmitteleinkauf, Beerdigungen, Sport, Arztbesuche, Beschaffung von Medikamenten, Hilfe für Menschen in Not. Diese Gründe wurden einer festen Zahl zugeordnet. Die Regel lautete wie folgt: Wenn jemand das Haus verlassen wollte, musste er eine Nachricht an den Staat unter einer öffentlichen Telefonnummer senden, bei der er die Nummer angab, die dem Grund entsprach, aus dem er gehen wollte.
Aufgrund meiner persönlichen Erfahrung zu diesem Thema glaube ich, dass die Quarantäne in Griechenland keine leichte Aufgabe war. In vielen Städten Griechenlands gibt es viele Todesfälle und Krankheiten und leider bin ich in einer davon: Thessaloniki. Ich gehe ein wenig aus. Ich verbringe meinen Tag damit, für das College zu lernen, da bin ich in meinem ersten Jahr, fernzusehen und zu versuchen, ein Hobby zu finden. Als die Pandemie begann, war alles einfacher. Mein Hobby war Kochen und ich hatte dieses Programm in mein tägliches Leben aufgenommen, damit mir nicht langweilig wurde.
Ich laufe morgens, lese mittags, koche nachmittags und schaue abends fern. Aber ich treffe selten Freunde. Die zweite Quarantäne war eine ganz andere Geschichte. In der zweiten Quarantäne verlor ich meine Lust auf Joggen und Kochen. Die College-Prüfungen begannen, also musste ich viel mehr lernen.
Ich vermisse meine Freunde, ich vermisse die Gesellschaft, meine Universitätsklasse, meine Lehrer und die wunderbaren Spaziergänge, die ich im Zentrum von Thessaloniki mit einem Kaffee oder heißer Schokolade in der Hand unternahm. Ich vermisse auch die Stunden des Lesens in der öffentlichen Bibliothek und die Gruppenarbeit sowie die Aktivitäten an der Universität.
Zwar war ich eine der Glücklichen, die das Virus nicht hatten, aber ich war auch eine von denen, die einen geliebten Menschen dadurch verloren haben.
Zu Beginn der zweiten Pandemie starb mein Großvater an dem Virus. Ich konnte ihn während seiner letzten Tage im Krankenhaus nicht sehen. Und es war genauso, wie es in den Nachrichten gesagt wird: Die Patienten sterben allein. Diese Tatsache machte mich sehr traurig und macht mich immer noch traurig, wenn ich daran denke. Es war eine schwierige Zeit. Aber wenn ich mit meiner Familie, Freunden und Angehörigen spreche, werde ich hoffnungsvoll und weiß, dass diese schreckliche Zeit mit dem Virus und der Quarantäne vorübergehen wird.
Während der Quarantäne wurde Schul- und Universitätsunterricht per Computern durchgeführt. Am Anfang war es natürlich etwas Neues. So viele Computerstunden machten es niemandem leicht. Für viele war es unglaublich anstrengend, so viele Stunden am Computer zu sitzen und so viele verschiedene Lektionen zu haben. Nicht nur die Universitäten wurden geschlossen, auch die Prüfungen des ersten Semesters wurden am Computer durchgeführt. Die vielen Stunden des Sitzens verursachten Schmerzen in meinem Körper und ich begann, zu Hause zu trainieren. Aus irgendeinem seltsamen Grund gaben die Lehrer viel mehr Hausaufgaben als sonst. Und deshalb habe ich viel gelesen. Diese Art zu unterrichten gefiel mir überhaupt nicht. Nicht nur, weil ich zu Hause viel Unterricht habe, sondern auch, weil es viele technische Probleme gab.
Kurz gesagt, die letzten 4 Monate waren schwierig. Diese Situation ist noch nicht vorbei. Jeder muss sehr geduldig sein. Wir alle wollen Freunde und Verwandte wiedersehen. Wir alle wollen rausgehen und in einem Restaurant sitzen. Aber jetzt müssen wir stark bleiben. Unabhängig von der Situation, dem Land, in dem wir uns befinden, und den Schwierigkeiten, mit denen wir konfrontiert sind, ist eines zu beachten: Der Sturm wird vorübergehen.
Tsantiridou Ioanna, 18 Jahre alt