Egal, ob man eine Party besucht, verkleidet um die Häuser zieht und um Süßigkeiten bettelt oder ob man lieber auf dem Sofa sitzt, Horrorfilme schaut und besagte Bettler mit Süßigkeiten versorgt – Halloween hat für jeden etwas zu bieten. Heutzutage ist Halloween einer der lukrativsten Feiertage überhaupt: In den USA wurden 2020 fast acht Milliarden Dollar für Süßkram, Kürbisse und Kostüme ausgegeben (jeder fünfte Haushalt verkleidete übrigens sein Haustier). In Deutschland sind die Zahlen nicht ganz so hoch (wir sind glücklicherweise noch nicht so weit, im großen Stil unsere Haustiere zu verkleiden), aber auch wir kommen auf stolze 320 Millionen Euro, die 2019 im Vorfeld von Halloween ausgegeben wurden.

Über die Kommerzialisierung, die Halloween im Laufe der Zeit erfahren hat, kann man leicht vergessen, dass Halloween keine Erfindung der amerikanischen Wirtschaft ist. Aber wo liegen denn die tatsächlichen Wurzeln von Halloween?


Halloween ist eigentlich ein christlicher Feiertag: Es ist der Vorabend zum katholischen Fest Allerheiligen am 1. November. Davon leitet sich auch der Name „Halloween“ ab, der ursprünglich „All Hallows‘ Eve“ lautete, woraus mit der Zeit und durch ziemlich vernuschelte Aussprache „Halloween“ wurde. Die Zeit vom 31. Oktober bis zum 2. November, Allerseelen, war traditionell dazu gedacht, dass man den Heiligen und den Verstorbenen gedenkt und ihre Gräber besucht. In einigen Ländern, wie zum Beispiel Polen, ist das auch heute noch üblich. Einen solchen Tag zu feiern, finden dort viele unangebracht, stattdessen werden die Gräber verstorbener Familienmitglieder geschmückt, winterfest gemacht und mit Unmengen Kerzen in ein Lichtermeer verwandelt. Modernere Halloweentraditionen, die aus Amerika übergeschwappt sind, werden von vielen kritisch gesehen und es wird mehr auf alte christliche Bräuche beharrt. Doch auch diese alten christlichen Bräuche haben eine Geschichte, die noch weiter zurückgeht, denn der wirkliche Ursprung von Halloween liegt noch in vorchristlicher Zeit.

Halloween geht wahrscheinlich auf ein altes irisches Fest zurück, nämlich das keltische Samhain. Die Kelten feierten am 31. Oktober Samhain, um die Ernte und den Beginn der kalten Jahreszeit sowie den Anfang eines neuen Jahres zu feiern. Eine mehr oder weniger weit verbreitete Annahme lautet außerdem, dass es sich hierbei um eine Art keltisches Totenfest handelt. Ob das so wirklich stimmt, kann man heute allerdings nicht mehr genau sagen, da die Kelten kaum schriftliche Aufzeichnungen ihrer Bräuche hinterlassen haben. Schenkt man den Sagen Glauben, war an Samhain der Kontakt zwischen der Welt der Toten und der Welt der Lebenden möglich und die Geister der Toten konnten die Lebenden besuchen. Da sich unter diesen Geistern allerdings nicht nur die verstorbene Oma befinden konnte, sondern auch einige Geister, die einem schaden wollten, entstand angeblich der Brauch, sich zu verkleiden, damit einen die bösen Geister nicht finden konnten.

Massentauglich wurde Halloween dann aber erst mit der Auswanderung irischer Immigranten in die Vereinigten Staaten im 19. Jahrhundert. Die Iren brachten unter anderem den Brauch mit, aus Rüben Laternen zu schnitzen – die sogenannte Jack O’Lantern. Weil die Amerikaner aber statt Rüben scheinbar lieber Kürbisse aßen und diese eher zur Verfügung standen, wurde aus der Rübenlaterne eine Kürbislaterne (der schwerste Kürbis der Welt wog übrigens 1226 Kilogramm, genug für 1.400 Liter Suppe. Allerdings schmecken Kürbisse dieser Größenordnung nicht mehr, weshalb sie in Kanada ausgehöhlt und in Wettrennen als Boote benutzt werden, ein Trend, der übrigens auch schon im deutschen Ludwigshafen angekommen ist, – für die Interessierten unter euch). Im Laufe der Zeit entdeckten die Amerikaner auch andere Halloween-Traditionen für sich: Kinder fingen an, von Tür zu Tür zu gehen und um Süßigkeiten zu bitten und Halloween wurde zu dem, was es heute für uns ist. 


In anderen Teilen der Welt aber sieht Halloween völlig anders aus. In Mexiko wird statt Halloween der Día de los Muertos gefeiert, der Tag der Toten. Der Día de los Muertos ist jedoch nicht einfach nur eine mexikanische Version von Halloween. Während Halloween traditionell eine düstere Nacht voller Schrecken ist, ist der Tag der Toten das genaue Gegenteil. Er wird über drei Tage mit bunten Kostümen, Umzügen und bemalten Totenschädeln gefeiert, es wird getanzt und gesungen, um seine Liebe und seinen Respekt für geliebte Verstorbene auszudrücken. Seit 2008 ist der Día de los Muertos sogar Teil der Liste des immateriellen Kulturerbes der Menschheit des UNESCO.

Auch in Spanien wird Halloween mit einer dreitägigen Feier begangen, die ähnlich wie in Mexiko sehr bunt und lebhaft ist. Wer selbst gemachtes Gebäck mag, ist hier genau richtig aufgehoben, denn eine Tradition am spanischen Halloween ist das sogenannte Huesos de Santos, eine Süßigkeit aus Marzipan, die übersetzt „Knochen der Heiligen“ bedeutet.

In Kambodscha gibt es ebenfalls ein Fest, bei dem die Toten geehrt werden. „Pchum Ben“ ist eine Feier, die das Ende der buddhistischen Fastenzeit markiert und als „Fest der Toten“ oder „Fest der Vorfahren“ übersetzt werden kann. Früher mussten die buddhistischen Mönche während dieser Zeit bei Wind und Wetter von Tür zu Tür ziehen und um Almosen bitten. Heute endet das 15-tägige Fest damit, dass Wasserbüffel durch die Straßen rennen.

Wer es etwas ruhiger mag, sollte sich eine Zugfahrkarte nach Österreich ins nord-östliche Weinviertel (eine Gegend in Österreich an den Grenzen zur Slowakei und Tschechien) kaufen. Dort ist es Tradition, dass die örtlichen Bäckereien einen großen „Striezel“, eine Art Hefezopf backen, um den dann im Wirtshaus gespielt wird. Wer das Würfelspiel „Paschen“ gewinnt, darf den Striezel mit nach Hause nehmen. Allerdings sollte man einen langen Atem haben, da das Striezelpaschen gerne mal bis in die Morgenstunden dauern kann.

Fast alle Kulturen und Religionen haben ein Fest, bei dem die Toten geehrt und an sie erinnert wird, ob das jetzt Halloween ist oder nicht. Obwohl diese Feierlichkeiten die unterschiedlichsten Formen annehmen können, haben sie doch eines gemeinsam: Die Menschen verbringen sie mit ihren Familien und Freunden. Vielleicht steckt also doch ein bisschen mehr dahinter als bloßer Profit?

Rebecca Holl, Q11